In vielen Ländern müssen staatliche Websites bereits für alle Menschen zugänglich sein, das schließt Menschen mit Behinderungen ein. Mit dem European Accessibility Act (EAA) wird dieser Geltungsbereich ab 28. Juni 2025 ausgedehnt. Demnach müssen nun Websites, Apps, E-Commerce Plattformen, etc. den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG 2.1) level AA entsprechen. Doch was bedeutet das nun für Ihr Unternehmen?
Was ist der European Accessibility Act?
Der European Accessibility Act ist eine EU-Richtlinie, die im Dezember 2016 verabschiedet wurde und darauf abzielt, die Zugänglichkeit von Produkten und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Er gilt für Produkte und Dienstleistungen, die von öffentlichen Stellen und Unternehmen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bereitgestellt werden.
Das Gesetz gilt für die folgenden Produkte und Dienstleistungen:
Computerhardware und -software: Dies umfasst Computer, Laptops, Tablets, Smartphones, Betriebssysteme, Softwareanwendungen und -dienste, die auf diesen Geräten ausgeführt werden.
Telekommunikationsdienste und -geräte: Hierzu gehören Mobiltelefone, Festnetztelefone, VoIP-Dienste, Telekommunikations-Apps, drahtlose Geräte und andere Kommunikationsmittel.
Fernsehdienste: Dies betrifft den Zugang zu digitalen und analogen Fernsehdiensten sowie zu interaktiven TV-Plattformen.
E-Commerce und Online-Dienstleistungen: Hierzu zählen Online-Shops, Webseiten und mobile Anwendungen, die Waren und Dienstleistungen anbieten, sowie Online-Banking, Versicherungs- und Verwaltungsdienste.
Bankdienstleistungen und -produkte: Das bezieht sich auf Banken- und Finanzinstitute, deren Online-Banking-Plattformen, Geldautomaten und finanzielle Transaktionsdienstleistungen.
Gesundheitsdienstleistungen: Hierunter fallen digitale Gesundheitsdienste, elektronische Patientenakten und Informationsplattformen im Gesundheitswesen.
Verkehrsdienstleistungen: Dies bezieht sich auf den Zugang zu Informationen über öffentliche Verkehrsmittel, Fahrkartenkaufdienste und Flug- oder Bahnbuchungsplattformen.
Öffentliche Dienstleistungen: Dies betrifft die Zugänglichkeit von Websites und mobilen Anwendungen von Regierungsstellen und öffentlichen Einrichtungen, um sicherzustellen, dass die Bürger uneingeschränkt auf Informationen und Dienstleistungen zugreifen können.
Eine Ausnahme bilden bei Dienstleistungen Kleinstunternehmen, die mit weniger als zehn Mitarbeiter:innen und einem Jahresumsatz bzw. einer Jahresbilanzsumme von maximal 2 Mio. € nicht unter das Gesetz fallen. Für bereits bestehende Produkte ist ein Übergangszeitraum von bis zu fünf Jahren vorgesehen.
Was will die EU mit dem EAA erreichen?
Das Hauptziel des Gesetzes besteht darin, sicherzustellen, dass Produkte und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen leichter zugänglich sind. Dies bedeutet, dass sie ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten und zusätzliche Kosten genutzt werden können.
1.
Gleiche Chancen
Der EAA soll sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen die gleichen Chancen haben, am digitalen Leben teilzunehmen. Dies bedeutet, dass Produkte und Dienstleistungen so gestaltet sein müssen, dass sie von allen genutzt werden können, unabhängig von ihren Fähigkeiten.
2.
Harmonisierung
Der EAA zielt darauf ab, die Fragmentierung der Vorschriften in den verschiedenen EU-Ländern zu beseitigen. Dies erleichtert Unternehmen die Einhaltung der Zugänglichkeitsstandards in allen Mitgliedstaaten.
3.
Mehr Produkte und Dienstleistungen
Die Richtlinie soll die Verfügbarkeit von barrierefreien Produkten und Dienstleistungen auf dem Markt erhöhen. Dies gilt insbesondere für den E-Commerce, wo Barrierefreiheit von entscheidender Bedeutung ist.
4.
Partizipation und Integration
Der EAA fördert die gesellschaftliche Teilhabe und Integration von Menschen mit Behinderungen und stärkt deren soziale Rechte.
Warum ist der European Accessibility Act so wichtig und notwendig?
87 Millionen Menschen in Europa leben mit mit Behinderung – fast jede:r fünften Europäer:in. Barrierefreiheit oder Accessibility im Web bezieht sich auf den Prozess, digitale Inhalte für alle Menschen zugänglich zu machen – unabhängig von ihren körperlichen, technischen oder geistigen Fähigkeiten. Barrierefreiheit betrifft allerdings nicht nur Menschen mit Behinderung. Jeder kann irgendwann einmal in seinem Leben auf eine Situation stoßen, in der er oder sie auf die Hilfe von Web Accessibility angewiesen ist. Sei es wegen einer Krankheit, einer Verletzung oder im Alter.
Ein beliebtes Beispiel in dem Kontext ist die Rollstuhlrampe. Diese bietet Menschen in unterschiedlichen Szenarien eine zugängliche Alternative zur Treppe: Menschen im Rollstuhl oder mit Rollatoren, Eltern mit Kinderwagen oder Passagier:innen, die ein Fahrrad transportieren möchten. Das gleiche Prinzip gilt auch für Barrierefreiheit im Web: ein häufiges Hindernis in digitalen Produkten ist beispielsweise ein unzureichender Farbkontrast, der die Lesbarkeit mindert. Die Gewährleistung einer barrierefreien Online-Umgebung, in der sich User:innen problemlos zurechtfinden, steigert die Zufriedenheit und erleichtert die Interaktion mit der Website. Wenn sich User:innen in einem Onlineshop gut zurechtfinden, wirkt sich dies positiv auf ihre Kaufbereitschaft aus.



Der European Accessibility Act (EAA) eröffnet die Möglichkeit für eine inklusive und gerechte gesellschaftliche Teilhabe, die für Menschen jeden Alters und unabhängig von möglichen Einschränkungen zugänglich ist. Laut dem Statistischen Bundesamt (2017) in Deutschland leben 7,8 Millionen Menschen, die als schwerbehindert eingestuft sind. Bemerkenswerterweise haben 97 % dieser Menschen ihre Behinderungen im Laufe ihres Lebens erworben. Diese Bevölkerungsgruppe verfügt über eine geschätzte jährliche Kaufkraft von etwa 720 Milliarden Euro. Somit wird der Gesetzesentwurf nicht nur als ein Instrument zur sozialen Inklusion gesehen, sondern auch als ein wirtschaftlicher Katalysator, der durch die Schaffung von Zugänglichkeit den Markt erweitert und profit-orientierte Unternehmen ermutigt, aktiv daran teilzunehmen.
Wenn Sie mehr zum Thema Accessibility erfahren möchten, dann lesen Sie gerne hier weiter.
Denken Sie also heute schon an 2025
Als Unternehmen haben Sie offiziell noch bis 28. Juni 2025 Zeit, Ihr digitales Produkt zugänglich bzw. barrierefrei zu machen. Das mag auf den ersten Blick noch weit in der Ferne liegen, allerdings sollten sie sich jetzt schon damit auseinandersetzen, was Barrierefreiheit für Sie und Ihre digitalen Services bedeutet. Denn der Umfang an Arbeit, der erforderlich ist, um diesen gesetzlichen Anforderungen zu genügen, wird leicht unterschätzt. Für die richtige Barrierefreiheit braucht es die Einbindung unterschiedlicher Ressourcen, die frühzeitig eingeplant werden sollten. Hier können wir Sie von der Inhaltsoptimierung, über die technische Umsetzung bis hin zum UI Design und der Strategie beraten und unterstützen.
3 Gründe, jetzt aktiv zu werden
📈
Reichweite steigern
Mit der Einhaltung der Richtlinien verbessern Sie die User Experience für alle User:innen, erreichen so mehr Menschen und können somit auch höhere Umsätze erzielen.
⚖️
Gesetzeskonfirmität
Noch ist keine strikte Konformitätsprüfung nach WCAG 2.1 bzw. EU-Norm EN 301 549 vorgesehen, aber die Richtung ist klar: In absehbarer Zeit werden auf Unternehmen in der EU einklagbare Verpflichtungen zukommen. Der Americans with Disabilities Act (ADA) zeigt, dass eine Nichteinhaltung der Richtlinien die Unternehmen teuer zu stehen kommen können. Allein im ersten Halbjahr 2018 wurden bereits über 1.000 Klagen auf Bundesebene eingereicht. 2021 waren schon mehr als 4.000 Klagen. Sich abzusichern kann also Schutz bieten und bares Geld sparen.
💸
Kosten einsparen
Barrierefreiheit von Anfang an in den Design- und Entwicklungsprozess zu integrieren, ist kosteneffizienter, als nachträgliche Anpassungen vorzunehmen. Wenn Sie von Anfang an die Richtlinien für Barrierefreiheit einbeziehen, sparen Sie nicht nur Geld, sondern erhöhen auch die Effizienz. Sie reduzieren den Bedarf an nachträglichen Änderungen und Anpassungen, die teuer und zeitaufwändig sein können.
Design Systeme und Figma Variables: Eine Chance für mehr Barrierefreiheit
Die Einhaltung des European Accessibility Act (EAA) ist nicht nur eine rechtliche Verpflichtung, sondern auch eine Gelegenheit, die User Experience zu verbessern. Hierbei bieten Design Systeme einen strukturierten Ansatz zur Integration von Barrierefreiheit in den Designprozess. Egal ob ein neues oder ein bestehendes Design System, in Kombination mit Figma Variables wird der gesamte Prozess in Richtung Barrierefreiheit erheblich erleichtert und verbessert.

Design Systeme: Eine grundlegende Ressource für Barrierefreiheit
Design Systeme sind ein wertvoller Verbündeter bei der Umsetzung der EAA-Richtlinien. Sie ermöglichen die nahtlose Integration barrierefreier Designelemente und -richtlinien in den gesamten Gestaltungsprozess. Mit kohärenten und konsistenten Designprinzipien können Designer und Entwickler von Anfang an barrierefreie Lösungen entwickeln. Dies spart Zeit und Aufwand und gewährleistet, dass EAA-Anforderungen konsistent in allen digitalen Produkten und Dienstleistungen eines Unternehmens überführt sind.

Barrierefreiheit im Fokus: Die Rolle von Figma Variables
Nachträgliche Anpassungen an bestehenden Produkten werden dank Figma Variables im Design System noch einfacher durchführbar. Dieses innovative Feature ermöglicht die schnelle Anpassung von Farben, Spacings und Sprachen auf systemweiter Ebene. Mit Variables lassen sich mitunter barrierefreie Themes erstellen, indem beispielsweise Farbalternativen mit höherem Kontrast einfach integriert werden. Dies minimiert den Aufwand und beseitigt das Risiko inkonsistenter manueller Änderungen. Die Kombination von Design Systemen und Figma Variables ermöglicht es Unternehmen, die EAA-Anforderungen effizient in den Designprozess zu integrieren und barrierefreie Designprinzipien zügig und kanalübergreifend umzusetzen.
Fazit
Zum Schluss gilt es zu sagen, dass der European Accessibility Act viel mehr ist als nur eine gesetzliche Verpflichtung. Er eröffnet die Möglichkeit, das digitale Erlebnis für alle User:innen zu verbessern und gleichzeitig das Ansehen jedes Unternehmens zu stärken. Dank Design Systemen und Figma Variables verfügen Unternehmen über eine leistungsstarke Möglichkeit, um diese Anforderungen mühelos in ihre Prozesse zu integrieren und dabei Zeit und Ressourcen zu schonen.
Als TOWA möchten wir das Thema allerdings ganzheitlich betrachten, denn es gibt noch weit mehr Maßnahmen, die dazu beitragen, Ihre digitale Präsenz barrierefrei zu gestalten. Klare Layouts, leicht lesbare Schriften und eine benutzerfreundliche Navigation sind da nur der erste Schritt. Zusätzlich ist die Tastaturbedienbarkeit ein entscheidender Faktor, da digitale Produkte so gestaltet sein sollten, dass sie ohne Maus bedient werden können. Dies ist insbesondere relevant für Menschen mit motorischen Beeinträchtigungen, die möglicherweise auf eine Tastatur oder alternative Eingabegeräte angewiesen sind. Darüber hinaus können Entwickler:innen zur Zugänglichkeit beitragen, indem sie Websites screen-reader-freundlich gestalten, z.B. durch die Verwendung von "alt"-Tags für Bilder und "title"-Tags für Links. Multimedia-Inhalte sollten mit Untertiteln und Transkriptionen versehen, um die Nutzerfreundlichkeit für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen sicherzustellen.
Ein strategischer Ansatz zur Förderung der Barrierefreiheit stärkt nicht nur die Rechtssicherheit, sondern steigert auch die Zufriedenheit und Reichweite der User:innen, was letztendlich zu einem wettbewerbsfähigen Vorteil führt. Da der European Accessibility Act in weniger als zwei Jahren in Kraft tritt, liegt es in der Hand jedes Unternehmens, diese Zeit optimal zu nutzen. TOWA steht Ihnen dabei gerne zur Seite, um sicherzustellen, dass Ihr Unternehmen das volle Potenzial der Barrierefreiheit im Web ausschöpft.
Unsere Accessibility Services für Ihre digitale Präsenz
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Accessibility Audit
Unsere Expert:innen analysieren Ihren Status Quo der Barrierefreiheit und entwickeln einen Maßnahmenplan, den wir selbstverständlich auch gemeinsam mit Ihnen umsetzen.
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Konzeption & Entwicklung
Wir gestalten und entwickeln Ihre digitalen Anwendungen nach Barrierefreiheitsstandards für ein inklusives User-Erlebnis.
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Design Systems
Sie haben ein bestehendes Design System? Wir optimieren und ergänzen Ihr individuelles Design System, um eine barrierefreie und konsistente User Experience zu gewährleisten.
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Zugängliche Technik
Unsere erfahrenen Entwickler:innen erstellen barrierefreie Funktionen und Schnittstellen, die WCAG-Richtlinien und Best Practices erfüllen.
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Wir helfen Ihnen bei der Erstellung von barrierefreien Videos und Multimedia-Inhalten, die Untertitel, Transkripte und weitere barrierefreie Elemente enthalten.
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Barrierefreie Content-Erstellung
Unsere Expert:innen unterstützen Sie dabei barrierefreie Inhalte zu erstellen, die für alle User:innen zugänglich sind, inklusive alternativer Texte und strukturierter Überschriften.
Inklusion beginnt mit einem Gespräch
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