Marketing

Wer interagiert, der gewinnt in den Sozialen Medien

Iris Kohlfürst

Senior Digital Marketing Manager

Social Media basiert auf Interaktion

Social Media ist ein wesentlicher Bestandteil der Repräsentation von Unternehmen. Selbst wenn diese gar nicht auf den jeweiligen Plattformen vertreten sind. Besonders in heiklen Situationen wird geredet, gepostet und kommentiert – die Frage ist bloß, ob man das Gespräch aktiv mitformen und steuern kann, oder der Situation hilflos ausgeliefert ist. Wer sich taub, stumm und blind stellt, verpasst nicht nur die Chance das Firmenimage nachhaltig positiv zu beeinflussen, sondern kann dem Unternehmensruf ernsthaft schaden.

Die Möglichkeiten der Interaktion

Regelmäßiges Posten relevanter Inhalte ist ein guter Anfang, um das eigene Firmenimage in sozialen Netzwerken ins rechte Licht zu rücken. Doch damit ist es noch lange nicht getan. Erst das aktive Gespräch macht die wahre Erfahrung für die Nutzer aus. Die Diskussionskultur und der Beziehungsaufbau hat dabei nachweislich mehr Gewicht als einzelne Postings – insbesondere, wenn diese eine Kommunikationseinbahn darstellen. Wer aktiv fragt, kommentiert und antwortet, baut Beziehungen auf. Dadurch ergeben sich viele Chancen:

  • Stärkung der Marke: Beweise Expertise und Servicequalität, indem Fragen schnell und klar beantwortet werden.

  • Aktivierung von Bestandskunden: Durch Fragen und Diskussionen aktiviert man seine Bestandskunden und ruft ihnen die Marke wieder in Erinnerung.

  • Neukundengewinnung: Kommentare erhöhen die Reichweite. Dadurch werden Inhalte an mehr Personen ausgespielt.

  • Listening: Wer seiner Community zuhört und Kritik als Möglichkeit sieht, Schwachpunkte im Produkt oder Service zu identifizieren, kann diese auch beheben.

  • Positionierung: Nur wer weiß, was über einen gesprochen wird, kann das Gespräch auch lenken und negativen Kommentaren entgegenwirken.

  • Problemlösung: Nutzer wollen ernst genommen werden und suchen nach Lösungen für ihre Probleme.

  • Stärkung des Vertrauens: Durch Problemlösung und Diskussionen auf Augenhöhe gewinnt man das Vertrauen der Menschen.

Das Beantworten der Anfragen auf der eigenen Seite sollte die solide Basis sein. Die Königsdisziplin ist das Hinterlassen passender Kommentare bei anderen
Unternehmen und Profilen.

Die Angst vor dem Shitstorm

Eines vorweg: Kritikvolle Kommentare, oder ein paar lästige Trolle sind noch lange kein Shitstorm.


Echter Kritik begegnet man am besten mit Verständnis und einer Lösung, oder
wenn diese nicht greifbar ist, einer Perspektive für den Betroffenen. Oft gibt es sogar Verständnis dafür, wenn deutlich wird, dass an bestehenden Problemen bereits gearbeitet wird. Auch eine Erklärung, warum etwas für die Firma nicht umsetzbar ist, kann eine Situation entschärfen.


Ungerechtfertigte Kritik kann richtiggestellt werden, allerdings ebenfalls in einem respektvollen Ton. Trolle und Dauernörgler katapultieren sich oft durch zahlreiche Kommentare ohne greifbare Argumente selbst ins Out. Bei einer starken Fanbase ist es sogar möglich, dass die Community in solchen Fällen selbst regulativ eingreift. Insofern es zum Firmenimage passt, hat sich gezeigt, dass auch Humor sehr effektiv eingesetzt werden kann.

Von einem Shitstorm spricht man, wenn dermaßen viel Kritik und Beleidigungen in einem geballten Zeitraum an ein Unternehmen oder eine Person gerichtet wird, dass es unmöglich ist diese zu bearbeiten. Echte Shitstorms finden selten in nur einem Medium statt, sondern das Thema ist zumeist so brisant, dass sie in zahlreichen Netzwerken zu finden sind. Deshalb reicht es auch nicht nur das Ursprungsmedium (insofern dieses ausgemacht werden kann) zu beachten.
Die Angst vor einem Shitstorm hat bei den Unternehmen die Folge, dass sie zu wenig auf ihren Social Media Kanälen riskieren.

Dadurch machen die meisten Firmen dieselben 3 Fehler:

  • Stets dieselben Content-Formate wählen 👎

  • Keine aktuellen Themen oder Trends aufgreifen 👎

  • Immer ernst und (zu) professionell bleiben 👎

Doch genau diese 3 Dinge bringen Reichweite, weil die User daran interessiert sind, Neues, Aktuelles und Hervorstechendes zu entdecken. Wenn die Angst vor Kritik die Content-Strategie hemmt, bleibt der Erfolg vermutlich langfristig aus. Um dieser Angst entgegenzuwirken, hilft eine Strategie zur Prävention und zum
Handling von Shitstorms. Diese sollte im Community Management Guide festgehalten werden.

Das muss ein Community Management Guide enthalten


Ein Community Management Guide ist hilfreich, um ein einheitliches Bild des Unternehmens nach Außen zu transportieren. Besonders wenn mehrere Mitarbeiter im Community Management beteiligt sind, ist es wichtig Regeln festzuhalten.

Folgende Punkte sollte ein solches Dokument enthalten:

  • Systeme und Berechtigungen: Mit welchen Systemen wird im Community Management gearbeitet und wer hat welche Berechtigungen innerhalb der einzelnen Kanäle?

  • Verantwortlichkeiten: Wer ist wann und für welchen Kanal verantwortlich?

  • Tonalität: Lege fest, ob per Du oder per Sie kommuniziert wird. Eine Netiquette kann dabei helfen, unpassende Kommentare in der Community zu zügeln – bzw. ein Verweis darauf, erklärt für alle User, weshalb manche Kommentare nicht akzeptiert werden. Halte auch fest, wie mit Emojis und humorvollen Antworten umgegangen werden soll. Hierfür eignet sich eine Datenbank erlaubter Emojis, sowie Dos and Don'ts.

  • Öffnungszeiten und Antwortzeit: Teile der Community die Öffnungszeiten mit und lege intern eine Maximalzeit für eine Erstantwort fest. Geschwindigkeit ist beim Kundenservice besonders wichtig.

  • Ansprechpartner für jede Sparte im Unternehmen: Community Manager können unmöglich den Überblick über alle Sparten im Unternehmen haben. Das müssen sie auch nicht: Sie benötigen bloß eine Liste von Menschen, an die sie sich mit bestimmten Fachproblemen richten können.

  • FAQs: Im Laufe der Zeit werden sich einige Fragen wiederholen. FAQs sparen Zeit und können gegebenenfalls auch mittels Chatbot beantwortet werden. Jeder Community Manager sollte jedoch wissen, wo die entsprechenden Antworten zu finden sind. Ein regelmäßiges Update der FAQs hat sich hier bewährt.

  • Sammlung bisheriger Fälle: Ähnlich der FAQs, allerdings nur für interne Zwecke gedacht, ist eine Sammlung bisheriger Themen und Fälle. So kann bei erneuter Kritik schneller und effektiver damit umgegangen werden. Aus Datenschutzgründen sollten hierbei keine personenbezogenen Daten gespeichert werden.

  • Details über Produkte, Dienstleistungen und das Unternehmen: z.B. Montageanleitungen, Garantieschreiben, Maße, Inhaltsstoffe oder eine Liste aller Filialen. Ist dies zu umfangreich, sollten entsprechende Verlinkungen oder Ansprechpartner angegeben werden. Ebenso muss festgelegt werden, ob eine klare Preiskommunikation zur Vertriebsstrategie passt.

  • Krisenkommunikation: Die beste Art einer Krise entgegenzuwirken, ist sie zu verhindern, bevor sie entsteht. Dies gelingt nur mit Social Listening und Präventivmaßnahmen. Mögliche Kritikpunkte und Schwachstellen sollten in einer guten Social Media Strategie im Vorfeld identifiziert und die Kommunikation dazu festgelegt werden. Entsteht dennoch eine heikle Situation, ist das Wichtigste, schnell zu reagieren. Die richtigen Ansprechpartner (PR, C-Level Management) zu kennen und sie sofort zu erreichen, kann einem drohenden Shitstorm den Wind aus den Segeln nehmen. Besonders, wenn sie in den sozialen Medien Gesicht zeigen.

Chatbots und AI


Chatbots und AI können das Leben eines Community Managers erheblich vereinfachen – die Person ersetzen können sie unseren Erfahrungen nach aber (noch) nicht. Für FAQs und einfache Anfragen eignen sich Chatbots mit vorgefertigten Antworten wunderbar – wer seine Datenbank gut füllt und stetig pflegt, wird daraus großen Gewinn ziehen. Dennoch gibt es immer wieder Sonderfälle und Anfragen, die für einen Chatbot zu komplex sind.

Wer selbst schon einmal in der Situation war, weiß, dass nichts frustrierender ist als sich mit einem Chatbot und der eigenen Frage im Kreis zu drehen, ohne die Möglichkeit zu haben, mit einem echten Menschen Kontakt aufzunehmen. Auch eine AI kann dieses Problem aus meiner Sicht (noch) nicht lösen, da sie nur aus vorhandenen Informationen eine Antwort generieren können. Gibt es diese noch nicht, so wird auch eine AI keine brauchbaren Ergebnisse liefern. Zudem sollten die Antworten einer AI von Menschen kontrolliert werden, denn sie könnten entgegen den Firmenrichtlinien sein.

Hier ein Beispiel

📣 Anfrage an AI, um eine Kritik zu formulieren:

Ich habe bei Ihnen vor 3 Wochen eine Pizza bestellt und diese war eiskalt. Ich möchte nun einen Gutschein als Wiedergutmachung haben.

💭 AI Antwort:

Sehr geehrter Kunde, Es tut uns leid, dass Sie eine eiskalte Pizza erhalten haben. Wir nehmen die Qualität unserer Produkte sehr ernst und möchten uns für dieses Missgeschick entschuldigen. Als Wiedergutmachung erhalten Sie einen Gutschein im Wert von 10€, den Sie bei Ihrer nächsten Bestellung einlösen können. Vielen Dank, dass Sie uns über diese Angelegenheit informiert haben. Wir sind Ihnen sehr dankbar für Ihr Feedback und werden unser Bestes tun, um Ihnen ein gutes Erlebnis zu bieten. Vielen Dank

⚠️ Fehler der AI:

  • Wording: "eiskalt" ist zu viel des Guten

  • Der Fall wird nicht verifiziert (Rechnungsnummer, Foto ...)

  • Warum meldet sich der Kunde erst Wochen später? (Betrugsverdacht)

  • Sind 10 € Firmenstandard in solchen Fällen?

  • Wie kommt der Kunde zu seinem Gutschein?

Unser Fazit

Fasse den Mut, Kommunikation auf deinen Social Media Kanälen zuzulassen. Fordere sie mit Fragen und der aktiven Ansprache deiner Community sogar ein. Trau dich darüber hinaus Inhalte zu produzieren, die eine User interessieren
anstatt jene, die das Interesse des Unternehmens in den Vordergrund stellen.

Bereite dich und deine Mitarbeiter:Innen auf das Community Management vor und nimm dir Zeit für die Erstellung guter Guidelines. Lass dir, wenn nötig, von Profis dabei helfen. Lerne aus deinen Erfahrungen und optimiere dein Community Management stetig.

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