Wir alle wissen, dass die Psychologie ein mächtiges Werkzeug ist. Wenn sie richtig eingesetzt wird, kann sie uns helfen, menschliches Verhalten zu verstehen und die User Experience von digitalen Produkten zu verbessern.
In diesem Blogbeitrag werden wir 5 Prinzipien der UX-Psychologie erörtern, die Sie nutzen können, um ein besseres Nutzererlebnis für Ihre Website, App oder E-Commerce Shop zu schaffen.
Bevor wir uns in die Psychologischen Prinzipien stürzen, müssen wir immer sicherstellen, dass die anzusprechenden User so genau wie möglich identifiziert worden sind. In der User Experience gilt: Je besser wir die Zielgruppe kennen und ihre Bedürfnisse, Painpoints etc. verstehen, desto gezielter können wir psychologische Prinzipien einsetzen. Das erreichen wir zum Beispiel durch User Interviews, Persona Definition oder Marktresearch.
Für die Identifizierung der Bedürfnisse und Painpoints der Zielgruppen stehen für uns dabei folgende Fragen im Vordergrund:
Bedürfnis: Was für ein Ziel hat die Zielgruppe im Kontext mit dem digitalen Produkt?
Painpoint: Welchen Schmerz nimmt das Produkt für die Zielgruppe?
Motivation: Was bringt die Zielgruppe zum Produkt?
Interaktion: Was ist die einfachste Interaktion für die Zielgruppe?
Belohnung: Was ist die Belohnung für die Interaktion und erfüllt sie die Zielgruppe?
01. Kommunikation von Value Proposition vor der Interaktion
Das Kosten-Nutzen-Prinzip wird von Menschen oftmals berücksichtigt, bevor Mühe, Zeit oder Geld in etwas investiert wird. Für eine optimierte User Experience ist es wichtig den potenziellen Wert, den Nutzer erhalten in den Vordergrund zu stellen.
In der UX von digitalen Produkten kann man sich dabei auf ein verwandtes psychologisches Konzept namens Reziprozität stützen. Das bedeutet, dass Menschen eher bereit sind, zu vertrauen und sich zu engagieren, wenn zuvor etwas für sie getan wurden. Im digitalen Kontext sollte somit der Wert eines Produkts oder einer Funktion erst demonstriert und dargestellt werden, bevor etwas von den Nutzern verlangt wird - nicht danach.

User Experience Beispiel: Gast Checkout & Nutzer Registrierung
Der große Wert von einem Gast-Checkout sollte heutzulage hinreichend bekannt sein (The $300 Million Button). Wenn aber das Ziel im B2B Onlineshop neben erhöhter Conversionrate ebenso der gezielte Ausbau von Kundenregistrierungen ist, sollte darauf geachtet werden, dass die individuellen Vorteile der Registrierung vorher kommuniziert werden.
Weitere Painpoints (wie ewig lange Registrierungsformulare) können gezielt über Micro-UX-Wordings entkräftet werden, was ebenso zu einer Erhöhung von Registrierungen sorgen kann.
02. Klare Nutzerführung, statt Überforderung
Du hast sicher schonmal versucht, eine übermäßig detaillierte Anleitung zu lesen und dabei den Überblick verloren, oder beim Ausfüllen eines zu komplexen Formulars direkt abgebrochen.
Menschen können nur eine bestimmte Menge an Gehirnleistung auf einmal nutzen; wir haben eine begrenzte kognitive Belastung. Die Interaktion mit digitalen Produkten ist für uns Menschen sehr wichtig und deshalb ist es auch entscheidend, dass unsere Informationen in einer begrenzten Anzahl verarbeitet werden.
Dies besagt die sogenannte Miller's Law, wonach sich eine Person im Durchschnitt nur 7 +/– 2 Objekte merken kann. Die Reduzierung der kognitiven Belastung sollte bei der Gestaltung eines digitalen Produkts also im Vordergrund stehen, sodass dem Kunden oder Nutzer möglichst wenig zugemutet wird.

User Experience Beispiel: Informationen aufbrechen
Detaillierte Informationen werden in kleinere Abschnitte aufgeteilt, damit die Benutzer sie leichter verarbeiten, verstehen und sich einprägen können. Das kann beispielsweise beim Onboarding, Einrichten eines Feeds oder beim Check-out im E-Commerce eingesetzt werden.
User Interface Design stützt sich generell auf eine Reihe psychologischer Prinzipien, die sogenannten Gestaltprinzipien. Diese Prinzipien erleichtern den Usern beispielsweise die Navigation über digitale Oberflächen.
03. Die Arbeit der User reduzieren
Je einfacher du es deinen Usern machst, umso besser. Dieser Grundsatz - genannt Fitts' Law - ist wichtig, besonders wenn du möchtest, dass die User aktiv werden, zum Beispiel dich auf der Website anmelden. Also stelle sicher, dass der Anmeldeprozess so einfach wie möglich ist und nur die Infos abfragt werden, die du unbedingt brauchst.
Dies ist zwar ein sehr intuitiver Punkt, aber es wird ebenfalls durch die Forschung unterstützt. In der UX-Branche werden alle Aspekte, die Nutzern Denk- oder Arbeitsaufwand abverlangen, als Interaktionskosten bezeichnet - was ein passender Begriff ist, weil er uns an den Kosten-Nutzen-Gedanken erinnert.

User Experience Beispiel: Informationseingabe & Call-To-Actions
Einfache Informationseingabe: Es ist nie von Vorteil, wenn Benutzer ihren Standort aus einer Dropdown-Liste mit 130 Ländern auswählen müssen. Überlegen Sie sich genau, welche Bedienelemente Sie anbieten, und wählen Sie die richtigen Bedienelemente für die einzelnen Informationen.
Fitt's Law lässt sich genauso auf die Optimierungen der Conversionrate anwenden: Alle wichtigen Call-To-Actions sollten ähnlich aussehen, gut positioniert sein und eine vernünftige Größe haben. So kann ohne viel Arbeit mit ihnen interagiert werden.
04. Einfach und vertraut – Exposure Effekt
Wir Menschen können eigentlich nur sehr wenige Veränderungen verkraften. Unsere Erfahrungen aus der Vergangenheit lehren uns, dass neue Produkte ähnlich funktionieren sollten wie diejenigen, die wir bereits kennen. Der sogenannte Exposure-Effekt sagt uns zum Beispiel, dass vertraute Wörter, Umgebungen und Ideen beruhigend wirken. Benutzerfreundliche und ansprechende Umgebung sind demnach sehr wichtig für eine optimierte User Experience.
Jakob's Law besag außerdem: Die Nutzer verbringen den Großteil ihrer Zeit auf anderen Websites und Onlineshops. Das bedeutet, dass sie bereits mit einer gewissen Funktionalität und Bedienbarkeit vertraut sind. Nutzer transferieren daher ihre Erwartungen anderer digitaler Produkte und erwarten, dass ähnliche Website und E-Commerce Shops genauso funktioniert wie alle anderen Websites, die sie bereits kennen. Durch die Nutzung von mentalen Modellen können wir User Experiences kreieren, bei der sich die Benutzer auf ihre Aufgaben konzentrieren können, anstatt neue Modelle zu lernen.

User Experience Beispiel: Usability Pattern & Innovation
Nutzung von gängigen Usability Patterns: Schauen Sie sich ein paar Ihrer Lieblings Websites oder Onlineshops an. Oft sehen Funktionen wie Such-, Chat- und Navigationsmenüs ziemlich ähnlich aus. Das liegt daran, dass diese ethablierten Methoden gut funktionieren und die Benutzer wissen, wie sie zu verwenden sind.
Innovation lohnt sich dann, wenn das dafür Bedürfnis gegeben ist. Wenn es einen klaren Grund dafür gibt, etwas anders zu machen (in der Regel gestützt auf User Testings), dann ist es besser eine einzige sinnvolle Innovation zu haben, als viele andere.
05. Behalte das Ende im Auge – The Peak End Rule
Die Peak End Rule ist ein Prinzip aus der Psychologie, das besagt, dass Menschen die Qualität einer Erfahrung nicht anhand des Durchschnitts bewerten, sondern vor allem anhand der Höhepunkte („peaks“) und des Schlusses („end“). Die Regel gilt sowohl für positive als auch für negative Erlebnisse. Digitale User Experience und Produktdesign sollten dieses Prinzip berücksichtigen: Nutzer bewerten unsere Produkte nicht anhand der Gesamtheit ihrer Erfahrungen, sondern anhand von Höhepunkten und dem Schlusspunkt. Es ist also entscheidend, dass unsere Produkte einen starken Eindruck hinterlassen – am besten mit einem positiven „Peak“-Erlebnis am Ende.
Um die Peak-End-Regel in der Praxis anzuwenden, müssen zwei Fragen beantworten werden :
Was sind die Höhepunkte des Nutzererlebnisses?
Wie kann das Ende des Nutzererlebnisses verbessert werden?

User Experience Beispiel: Success Messages & IKEA
Typische End-Phasen sind beispielsweise im E-Commerce der Abschluss des Checkout-Prozesses oder einer digitalen Buchung. Wordings sollten zur Marke des Kunden passen und (sofern möglich) Mehrwert über Funktionen wie Direkte Verlinkung Tracking Tool, Progress Bars oder weitere Services stiften.
Oder man wirft einen Blick zu IKEA, und bietet seinen Kunden am Ende der Einkaufserfahrung ein digitalen Hotdog an :-)
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich durch die Berücksichtigung von psychologischen Prinzipien das Nutzererlebnis auf Websites, Apps und Onlineshops erheblich verbessern lässt. Zu Beginn steht immer das Verständnis wie Nutzer denken und fühlen, um ein benutzerfreundlicheres und angenehmes digitales Erlebnis für sie zu schaffen.
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